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Radtouren

Teil 1 , 2 , 3 , 4 , 5 , 6


Irland 1995

Freitag, 07.07.1995
von Killorglin nach Kenmare, 61,3 km (Tagebuchauszug)

7.00, das schon fast Alltägliche hier in Irland, wir werden von strömenden Regen begrüßt, als wir die Nase aus dem Zelt stecken. (Wundert mich im Nachhinein, dass wir nach der dreiwöchigen Tour nicht mit Schwimmhäuten zwischen Fingern und Zehen zurückgekehrt sind J ) Aber was soll's? Wir müssen und wollen weiter. Außerdem fühlen wir uns nach dem gestrigen erholsamen Nachmittag ausgesprochen tatendurstig.

Als wir um 9.15 vom Platz rollen, hat sich der strömende Regen in "ein-Tropfen-kein Tropfen-Regen" aufgebessert. In voller Regenbekleidung düsen wir mit 20 km/h los. Nach einiger Zeit hört es auf zu regnen. Die Sonne kommt raus und schon ist es drückend warm und schwül. So ist es nun mal in Irland. Entweder Regen (nur zweimal am Tag ist schon prima Wetter), oder schwüle Wärme, die einem den Atem nimmt, wenn es dann mal wieder einen der vielen Berge in der Küstenregion hochgeht. Nach und nach legen wir die trockengeradelten Regensachen ab.

  Pause im Regen

Mit Tempo geht es nach Killarney. Ein größere Stadt, in der wir erst einmal unsere Vorräte ergänzen, besonders nötig hatte es unsere Gaspatrone. Gegen 14.00 rollen wir weiter in Richtung Nationlapark. Wir wollen den Kerry-Way fahren. Leider verfransen wir uns total im Wald und müssen zurück. Dadurch haben wir ca. eine Stunde verloren. Mit dem Auto ist so etwas kein Problem, mit dem Fahrrad zählt jeder verlorene Kilometer 10fach. An einer Autosperre mitten im Wald werden wir fast von "fliegenden Würmern" (Kriebelmücken) aufgefressen. Wir müssen unser Gepäck abbauen, um durchzukommen. Genau darauf scheint das Viehzeug gewartet zu haben. Tausende von ausgehungerten Kriebelmücken lassen sich auf uns nieder, sodass die unbedeckten Arme und Beine schwarz sind von kleinen unscheinbaren Blutsaugern. Da kann schon Panik aufkommen.


An der Küste des "Rings of Kerry"

An der N71 machen wir dann erst mal unsere wohlverdiente Teepause. Dort unterhalten wir uns mit einem deutschen Ehepaar, das mit einem Mietwagen unterwegs ist. Es ist fast immer das gleiche Spiel. Die Frau guckt etwas skeptisch auf uns herab, wie wir da staubig und verschwitzt im Sraßengraben auf ein paar Steinen sitzen und uns unseren Tee kochen. Sie mustert mit kritischen Blicken unsere zerstochenen und zerkratzten Arme und Beine und hält uns sicherlich für nicht voll zurechnungsfähig. Der Mann dagegen bekommt glänzende Augen und wünscht sich wohl, seine bequeme Frau zurückzulassen und auch mal ein echtes Abenteuer zu erleben.

Dann rollen wir weiter durch den Nationalpark. Unbeschreibliche Blicke über Felsen, Schluchten, Berge, kleine Seen. Da der Weg nur unbedeutend ansteigt, können wir die Landschaft voll genießen. Die Sonne scheint immer noch und macht es noch angenehmer. Aber wie so oft, kann sich das Angenehme schnell ins Gegenteil verkehren. Es geht jetzt hoch ... hoch ... hoch. Die Sonne wird nun zum lästigen Gegenspieler. Dafür werden wir aber vom Aussichtspunkt "Ladies-View" total entschädigt. Ein fast unbegrenzter Blick in ein weites Tal, in dem Seen und Wasserläufe eingebettet sind gleicht die Anstrengung wieder aus. Im Jahre 1861 verweilte Königin Viktoria mit ihren Hofdamen (Ladies) an diesem Ort und tat ihre Freude über diesen Ausblick kund.


Ladies View

Wir genehmigen uns erst mal ein riesengroßes Wassereis und lassen unsere Beine über die Begrenzungsmauer baumeln. Sind wir doch der Annahme, dass wir nun den höchsten Punkt überradelt haben und es von nun an nur noch abwärts geht. Nun ja, irren ist menschlich. Ein erneuter Blick in die Tourenbeschreibung sagt uns, dass wir erst die Hälfte unseres Anstieges geschafft haben und noch durch Moll's Gap müssen, ein Paß bis zu dem noch einige Hundert Meter Höhenunterschied zu überwinden sind. Also weiter. Mehrmals dachten wir, wir hätten es nun endlich geschafft, aber nach der nächsten Biegung ging es noch höher. Schließlich waren wir wohl schon in den (zugegebenermaßen tiefhängenden) Wolken. Es wurde neblig, diesig und hundekalt, schließlich ging feiner Nieselregen nieder. Und dann kamen wir durch ein Felsentor und von da an ging es endlich bergab. Um nicht kalt zu werden beim untätigen Runterrollen, zogen wir die Bremsen so stark an, das wir doch noch kräftig treten mussten, uns sozusagen warm treten konnten.

Endlich und schon lange erwartet taucht am rechten Wegrand ein Hinweisschild für unseren Campingplatz auf. Wir radeln einen einsamen, verlassenen, menschen-und autoleeren Schotterweg entlang. Irgenwie kommen uns Zweifel, ob dieser Weg auch wirklich zu einem Zeltplatz führt. Eine düstere Stimmung in der Landschaft macht sich breit. Rechts und links des Weges ziehen sich Moor- und Sumpfflächen, in denen abgestorbene Baumstümpfe in den Nebel zeigen, entlang. Wir lassen uns aber nicht beirren und radeln mutig weiter. Schließlich werden wir belohnt. Der Campingplatz hat zwar nur einen Stern, aber er ist eine angenehme Überraschung: Saubere Sanitäranlagen (was in Irland nicht immer der Fall ist), großer Aufenthalsraum, Küche, Shop. Nach dem Zeltaufbau, der fast schweigend abläuft (jeder weiß genau, wann er welche Leine zu spannen hat und wann welcher Handgriff zu machen ist), geht es zum Duschen, um anschließend einen meiner berühmt / berüchtigten Nudeleintöpfe zu vertilgen. Um 23.00 Uhr liegen wir dann in unseren Schlafsäcken, um den Herausforderungen des nächsten Tages gerecht zu werden.

Jane

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